Wenzel d. Ä
Jamnitzer (Gamizer, Jamitzer)

Zeichner, Goldschmied, Silberarbeiter, Wachsbossierer

geb. Wien, 1507/08

gest. Nürnberg, 15. Dez 1585

* 1507/08 Wien – † 15. begr. 19. 12. 1585 Nürnberg,

Grab Nr. 664 auf dem Johannisfriedhof, das 1688 auf die Nachkommen des Nicolaus Emmerling überging. Das Original-Epitaph befindet sich seit 1918 im GNM, Nachguss auf dem Grabstein. Sohn des Hans d. Ä.; Bruder des Albrecht; Vater des Hans d. J., des Abraham und des Wenzel d. J. ∞ 22.6.1534 Anna (* um 1513/15 – begr. 6.4.1575), Tochter des Goldschmieds Bruno Rauch, sechs Söhne, fünf Töchter. Am 22.7.1534 bestand er die Meisterprüfung und wurde am 29.7.1534 als Meister vereidigt. Am 20.5.1534 erwarb er das Bürgerrecht. 1544-1548 Geschworener, 1556 Genannter, 1573 Ratsherr. Jamnitzer gehörte bereits nach wenigen Jahren zu den angesehensten Goldschmieden Nürnbergs. Er wurde von vier Kaisern zum Hofgoldschmied ernannt, nämlich von Karl V., Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II.; ferner arbeitete er für viele Fürsten, darunter Erzherzog Ferdinand von Tirol, Kurfürst August von Sachsen, Herzog Albrecht V. von Bayern, Ercole von Este, Herzog von Ferrara, und Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle. Auch die Patrizier zählten zu seinen Kunden, darunter die Tucher, Imhoff und Behaim. Vermutlich um 1540 begann Jamnitzer eine intensive Zusammenarbeit mit Bildschnitzern, die für ihn nach seinen Entwürfen Modelle für Plaketten herstellten, von denen er silberne Abgüsse in seine Werke einarbeitete. Dem Nördlinger Bildhauergesellen Michael Fuchs räumte er 1542 die Möglichkeit ein, seine Schulden mit Bildschnitzereien abzuarbeiten. Mathias Zündt war für Jamnitzer als Bildschnitzer tätig und stellte für ihn außerdem in den 1550er Jahren gegossene Tierlein her. Hans I. Lobsinger konstruierte für ihn eine Prägepresse für Gold, Silber und andere Materialien. Kennzeichnend für Jamnitzers Arbeiten in den 1540er bis 1560er Jahren war der reichliche Einsatz von Naturabgüssen von Insekten und anderen Kleintieren sowie von Pflanzen. 1542 bis 1584 verkaufte er Goldschmiedearbeiten in großer Zahl an den Rat, darunter lt. Rechnung vom 6.6.1556 eine Truhe um 1997 fl. und eine Schreibkassette um 2002 fl. Der Preis pro Mark Silber war mit 30 Talern (= 34 fl.) ungefähr doppelt so hoch wie das, was der Rat sonst für eine Mark verarbeitetes Silber bezahlte. Beide Stücke wurden am 8.6.1570 als Geschenk der Kaiserin Maria und Kaiser Maximilian II. überreicht. Bereits 1548 hatte Maximilian, damals noch Erzherzog, bei Jamnitzer einen Brunnen im Gewicht von 40 Mark (etwa 9,3 kg) in Auftrag gegeben, der 1551 fertiggestellt war. Ein weiterer von Kaiser Maximilian II. in Auftrag gegebener Lustbrunnen als Tafelaufsatz wurde erst unter Rudolf II. fertiggestellt und 1578 von Jamnitzer in Prag abgeliefert. Die Höhe betrug 3,07 m, die Breite 1,535 m. Der Preis belief sich auf 8838 fl., dazu stellten die Auftraggeber größere Mengen Silber zur Verfügung. 1747/50 wurde der Brunnen bis auf die vier Jahreszeitenfiguren, die aus Bronze waren, in Wien eingeschmolzen. Auch sonst war Maximilian II. ein guter Kunde Jamnitzers. Bei seinem Besuch in Nürnberg forderte der Rat Jamnitzer am 8.6.1570 auf, seine Waren dem Kaiser auf der Burg zu präsentieren. Dieser erteilte dem Goldschmied besonders kostspielige Aufträge und schuldete ihm am 2.10.1570 noch 2386 fl. für gelieferte Arbeiten. Später erhielt Jamnitzer eine lebenslange kaiserliche Rente. Einen Großauftrag erhielt Jamnitzer auch 1553 von Herzog Heinrich von Braunschweig, für den er Silbergeschirr im Gewicht von 400 Mark Silber (ca. 93 kg) herstellte; die Kosten beliefen sich auf 4000 fl. 1552 wurde ihm, Jacob Hofmann und Bonaventura Hegner vorgeworfen, daß sie Gesellen anderer Werkstätten nach Feierabend Scheuern im halben Dutzend fertigen ließen, während deren Meister beschäftigungslos blieben. Daraufhin wurde die Handwerksordnung dahingehend geändert, daß in Zukunft derartige Aufträge an die Meister selbst zu vergeben waren. Jamnitzer konstruierte auch astronomische und mathematische Instrumente, darunter ein Astrolabium für den Kurfürsten von Sachsen sowie eine Prägemaschine für Ornamentstreifen. 1566 fertigte er für Egidius I. Ayrer je einen Erd- und Himmelsglobus nach Angaben von Johannes Praetorius. 1570 lieferte er Kaiser Maximilian einen großen Kompaß, für den er 79 fl. erhielt. Er betätigte sich auch in geringerem Umfang als Stecher und lieferte Vorlagen für Goldschmiedearbeiten. 1543-59 übte er das Amt des städtischen Stempelschneiders aus. Zwei Lehrlinge sind von ihm namentlich überliefert: Ulrich Hainburger aus Kärnten (1539-43) und Caspar Heussner (um 1560), der wegen Münzfälschungen aus der Stadt verbannt wurde. Jamnitzer besaß mehrere Häuser, darunter das Anwesen in der Albrecht-Dürer-Straße 17, das er bis zu seinem Tod bewohnte. Nicolas Neufchatel malte sein Bildnis, das sich im Musée d'art et d'histoire in Genf befindet. Panzer verzeichnete sein Portrait. Chr. Andr. Imhoff, führte 1792 elf auf ihn geprägte Medaillen auf. Die Jamnitzerstraße wurde nach ihm und seiner Familie benannt. 1591 verkauften seine Erben um 1000 fl. und 50 fl. Eigenzins (1000 fl. Hypothek) das Haus in der Albrecht-Dürer-Straße 17. Seine Tochter Anna heiratete am 15.6.1569 den Goldschmied Hans Straub; Susanna am 11.2.1561 den Goldschmied Martin Holweck, Maria am 2.11.1569 den Goldschmied Valentin Maler.
Werke: Buchwerke u.a.: Perspectiva, Corporum Regularum ..., Nürnberg 1568; Sintagma, In quo variae ..., Amsterdam 1618; Plakettenverz. s. Weber, Renaissanceplaketten 1975.

MuS: AMSTERDAM, Rijksmus.: Merkelscher Tafelaufsatz; –, Mus. Meyer van den Bergh: Gewicht-Maßstab, um 1565. BERLIN, Kunstgew.-Mus.: Kaiserpokal. COBURG, Kuntslgn. der Veste. DRESDEN, Grünes Gewölbe: Schreibzeugkassette. HAMBURG, Mus. für Kunst und Gewerbe: Gewicht-Maßstab, um 1565. LONDON, BM; –, V&A; –, National Art Library: zweibändige Hs. Jamnitzers über die von ihm gebauten und verwendeten Instrumente. MADRID: Prunkkassette im Barfüßerinnen-Kloster (Kloster de las Descalzas Reales), 1570. MAILAND, Diözesanmus. MÜNCHEN, Schatzkammer der Residenz; –, BNM. NÜRNBERG, GNM; –, MStN. PARIS, Louvre. WIEN, Albertina; –, KhM.

Lit.: NDB; Thieme-Becker; Rosenberg 3832; Doppelmayr, 1730; Will, GL II, S. 223; Will, Münzbel. Bd. I, S. 291f.; Imhoff II, 1782, S. 795f.; Lochner-Neudörfer 1875; R. Bergau: Wenzel Jamnitzers Entwürfe zu Prachtgefäßen in Silber und Gold, 1879; Stockbauer, 1893; Scholler, 1916; M. Rosenberg: Jamnitzer, Ffm. 1920; Pechstein, in: GNM A, 1967, 1970 u. 1977; Mulzer u. Pechstein, in: MVGN 61, 1974; Weber, Renaissanceplaketten 1975; Jamnitzer, 1985; Viola Effmert, in: GNM A, 1989, S. 131f; Zahn DI-N Nr. 1699; Erlanger/Fischer, 2000; Goldschmiedekunst, 2007 Nr. 403; Kohn, NHb Sebald.
Ausst.: 1906/2; 1952/5; 1969/12; 1980/9, –/13; 1992/17, –/18; 1987/18; 2002/1 Nr. 58, 60, 63, 140, 141, 142.
(zitiert aus dem Nürnberger Künstlerlexikon, Herausgegeben von Manfred H. Grieb)

Stil: Renaissance

Zeit: 16. Jh.